Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen bei Kindern und Jugendlichen


Ein Kind kann in ganz verschiedenen Bereichen (und aus den unterschiedlichsten Gründen) sprachlich auffällig wirken. Im Folgenden werden häufig auftretende Symptome exemplarisch dargestellt.

Kommunikationsverhalten
Das Kind vermeidet das Sprechen, obwohl es sprechen könnte. Es weicht dem Blickkontakt aus. Ein anderes spricht pausenlos, lässt kaum jemanden zu Wort kommen oder spricht dauernd dazwischen.

Sprachverständnis
Das Kind versteht Sprache nicht altersgemäss, obwohl sein Hörvermögen intakt ist. Es fragt nach, als höre es nicht richtig («hä? was?»). Es kann Aufträge nicht ausführen, die mit der gegenwärtigen Situation nicht direkt zusammenhängen. Ohne entsprechende Gestik versteht das Kind Anweisungen nicht.
Beim Zuhören von Geschichten wird es unruhig, zappelig, lenkt ab.
Das Kind beantwortet Fragen meist mit «jaja», auch wenn dies keinen Sinn ergibt.

Wortschatz
Das Kind kennt gebräuchliche Begriffe nicht oder umschreibt diese nach Form und Funktion («ganz klein» für Zwerg, «zum trinken» für Glas). Das Kind verwendet Passepartout-Wörter wie «das Dings» etc.

Wortfindung
Das Kind kann ihm bekannte Wörter nicht abrufen. Es gebraucht ähnliche Wörter (inhaltlich: «Zitrone» statt «Orange», lautlich: «Schiff» für «Fisch»). Es behilft sich mit Umschreibungen, wodurch die Sätze länger und komplizierter werden.

Satzbau
Das Kind verdreht oder verkürzt die Sätze und gebraucht falsche Wortendungen («ich gestern geschwommen bin»).

Aussprache

Das Kind kann gewisse Laute nicht bilden. Es spricht undeutlich, verschluckt Endungen und bewegt seine Sprechwerkzeuge schwerfällig. Es zeigt evtl. eine schlaffe Mundmuskulatur und atmet durch den Mund.
Das Kind wirkt schwer verständlich, weil es Laute ersetzt oder auslässt und komplexe Lautverbindungen vereinfacht.

Redefluss
Das Kind spricht überstürzt, verschluckt Wörter und Endungen (Poltern). Es wiederholt Laute, Silben, Wörter, Satzteile und/oder verkrampft sich, so dass Atmung und Sprechen blockiert werden (Stottern).

Stimme, Atmung
Das Kind hat dauernd eine heisere, verhauchte, gepresste, zu hohe, zu tiefe, zu laute, zu leise Stimme, spricht durch die Nase oder wie mit einer verstopften Nase. Während des Stimmbruchs können Probleme bei der Stimmfindung auftreten.

Lesen und Schreiben
Das Kind hat eine noch ungenügende Einsicht in die Funktion und den Aufbau der Schriftsprache.
Es hat möglicherweise einzelne Fertigkeiten trainiert (das Schreiben und Erkennen einzelner Buchstaben), versteht aber noch nicht, dass die Schriftsprache die Lautsprache repräsentiert.
So orientiert sich das Kind beim Lesen beispielsweise an auffälligen Buchstaben und «erfindet» ähnliche Wörter.
Es kann die einzelnen Laute nicht zu einem Wort zusammenschleifen. Das Kind ersetzt Wörter durch ähnliche (inhaltlich oder formal), gerät ins Stocken, vergisst Endungen, liest sehr langsam oder undeutlich. Es erfasst den Sinn des Gelesenen nur ungenau oder gar nicht.
Das Kind kann die Laute den Buchstaben nicht zuordnen. Es beherrscht die Buchstabenformen nicht oder mangelhaft. Es verdreht Buchstaben im Wort, lässt Buchstaben aus oder ersetzt diese.
Das Kind hat Mühe, Buchstaben zu speichern. Es kann grammatikalische Regeln nicht anwenden.
Lese- und Schreibstörungen werden teilweise noch «Legasthenie» genannt.

Rechnen
Das Kind kann keinen Alltagsbezug zu Daten herstellen (Hausnummer). Es verdreht Zahlen (Einer/Zehner/Hunderter) und wechselt plötzlich die Zählrichtung (Körperschema, Seitigkeit).
Das Kind kann serielle Folgen nicht aufzählen (Wochentage, Uhrzeiten). Es fällt ihm schwer, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu unterscheiden und Analogien herzustellen. Es hat Schwierigkeiten, räumliche Beziehungen herzustellen.
Das Kind hat keine Vorstellung, wie kleine Alltagsprobleme (wieviel musst Du noch sparen, bis...) gelöst werden könnten. Es versteht den Aufbau des Zehnersystems nicht. Das Kind kann Textaufgaben den Sinn nicht entnehmen.
Rechenstörungen werden auch «Dyskalkulie» genannt.

Begleitsymptome

Wahrnehmung (spüren, hören, sehen)
Das Kind nimmt Veränderungen in der Schule nicht wahr oder reagiert auffällig darauf. Es wirkt desorientiert und kann sich nicht merken, wo bestimmte Sachen zu finden sind. Es reagiert auffällig beim Berühren von Materialien (Sand, Lehm, Leim ) und im Umgang mit alltäglichen Gegenständen. Es kann einzelne Laute nicht aus Wörtern heraushören. Es kann auditiv nicht unterscheiden, ob ein Vokal lang oder kurz, betont oder unbetont ist. Ähnlich aussehende Buchstaben werden verwechselt.

Wahrnehmungsverarbeitung (denken)
Das Kind hat Mühe, zeitliche und räumliche Beziehungen zu erfassen, Ordnungen nach bestimmten Merkmalen zu erstellen, Abstraktionen vorzunehmen, Zusammenhänge zu erkennen und Schlüsse daraus zu ziehen. Das Kind ist stark ablenkbar, kann sich schlecht konzentrieren, hat eine verminderte Merkfähigkeit.

Sozial-emotionales Verhalten
Das Kind kann sich nicht in die Klassengemeinschaft einfügen. Es weint oft, hat eine geringe Frustrationstoleranz, reagiert mit Aggression, Provokation, Clownereien oder Rückzug. Es verhält sich Erwachsenen gegenüber distanzlos oder zeigt übermässige Angst vor Autoritätspersonen.

Bewegung
Die grob- und feinmotorischen Bewegungen des Kindes wirken ungelenk. Es verliert häufig das Gleichgewicht, hat Schwierigkeiten in der Bewegungskoordination und zeigt oft Mitbewegungen. Es lässt Dinge fallen, stösst gegen Wände und Kanten. Es verkrampft sich beim Schneiden, kann nicht auf der Linie schreiben, hat Mühe, die richtig erfassten Buchstabenformen wiederzugeben.

Finanzierung der Therapie

Die Finanzierung der logopädischen Therapie wird von verschiedenen Faktoren bestimmt.
Ursache: Angeboren oder erworben, z.B. durch Unfall oder Krankheit
Alter: Kind oder Erwachsener
Behandlungsort: Ambulant oder stationär